Gesellschaft

Leitkultur – Notwendige Diskussion mit Sprengkraft

Das Stichwort „Leitkultur“ hebt gerade viele Mitbürger aus ihren Angeln. Von strikter Ablehnung über Verhöhnung bis zu blankem Hass ist in den Kommentarspalten alles zu finden. Nur wenige konstruktive Beiträge finden ihren Weg.

Warum ist das so? Was hat sich verändert? Und was ist zu tun?

Letztlich natürlich auch die Frage: Ist dieses Erlebnis relevant für Business-Überlegungen?

 

Zunächst: Eine Diskussionskultur ist vornehmlich in westlich geprägten demokratischen Gesellschaften zu finden. In genau diesen scheint aber in den letzten Zeit so einiges aus dem Lot zu geraten, dem Lot, das Grundlage eines friedlichen Zusammenlebens ist, geprägt von Ausgleich, Vertrauen, respektvoller Diskussion und Bereitschaft zum Kompromiss. Von Gemeinsinn war vielfach die Rede. Von Wertegemeinschaft und Konsens. In einem solchen Umfeld war die Diskussion einer Leitkultur womöglich unnötig.  Sie ist einfach vorhanden und leitet ungeschrieben das Denken und Handeln.


Platon (400 BC), ein Schüler von Sokrates beschreibt die Schwäche und die Ursache für den potentiellen Untergang einer Demokratie klar und deutlich:   … die Unersättlichkeit [der Menschen] in demjenigen Gute, was sich die Demokratie als Ziel bestimmt [die persönliche Freiheit], richtet diese zugrunde …

Nichts begründet die derzeitigen Entwicklungen besser als diese alte Weisheit. Fortschreitender Egoismus, Egozentrik und Vertrauensverlust gegenüber allem und jedem, Gott und der Welt. Politiker fallen dem zum Opfer, genauso wie Experten, Reiche, Chefs, und letztlich bei genauem Hinsehen sogar Nachbarn und Freunde.

Die bisher gravierendsten Konsequenzen sind sichtbar geworden unter Stichworten wie Brexit, Trump, Erdogan – in den betroffenen Nationen wurden innerhalb kürzester Zeit verfeindete Lager geschaffen, blanker Hass anstelle von Diskussion. Die innere Stärke wird geopfert. Fakten verlieren ihren Stellenwert.

Helmut Schmidt sah einiges davon kommen, als er sage: „Das ist der ganze Jammer: die Dummen sind sich so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Dabei ist natürlich die Einschränkung zu machen, dass die Dummen mehrheitlich die für dumm Verkauften sind. An dieser Stelle kommt die Medienschelte ins Spiel. Medien (TV wie Print und Internet) spielen die entscheidende Rolle, die im Ergebnis das Denken, Glauben und Handeln der Bevölkerung prägt. Verantwortlicher Journalismus sieht vielfach anders aus. Die Bestrebungen nach „konstruktivem Journalismus“ können in diesem Zusammenhang nicht ernst genug genommen werden.

Was ist zu tun?

Zu allererst müssen die Möglichkeiten für Konsens ausgelotet werden. Die lobenswerte Initiative von Bundesinnenminister Thomas de Mazière ist ein wichtiger Beitrag dazu. Der Verriss seiner Initiative ist dumm und ein eindrucksvoller Beweis für Platons These: Menschen reagieren allergisch (und dumm) auf Reizworte, die in unserer Kultur zum Beispiel „Leistung“, „christlich“, „Allgemeinbildung“, „Stolz“, „Regeln“, „Respekt“ und bei manchen sogar das Wort „Kultur“ an sich sind. Ihre Reaktion darauf ist emotional, unreflektiert und ohne Berücksichtigung des Kontextes. Sie sind wie aus den Angeln gehoben. Alles Dinge, in denen Sie sich Ihrer persönlichen Meinung/Freiheit beraubt sehen.

Eine gemeinsame Arbeit von klugen Köpfen, parteiübergreifend, unter Einbeziehungen ebensolcher Köpfe aus dem Medienbereich muss  sich grundlegende Gedanken über Lösungen machen, die letztlich mit vereinten Kräften den Menschen vermittelt werden. Die Botschaften müssen Vertrauen wiederherstellen, die Kraft von Gemeinsinn und Konsens wieder vermitteln sowie die existentiellen Grundlagen für Frieden und Wohlstand, in dem wir leben.

Wo liegt die Relevanz für den Business Bereich?

Zunächst ist ungefähr jedes Geschäft von dieser Entwicklung betroffen, meistens negativ. Das ist Grund genug, nicht nur auf übergeordneter Ebene, sondern in jeder Organisation kreativ darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten bestehen, die Entwicklung in Richtung von mehr Vertrauen und Gemeinsinn zu beeinflussen. Liegt da nicht neben den Medien auch eine Verantwortung bei jedem einzelnen Geschäftsführer, Manager, Eigentümer?

Worum könnte es dabei gehen? Vielleicht um Transparenz, Ehrlichkeit, attraktive Arbeitsplätze, freundlicher Umgangston, innen und außen, reibungsloser Kundenservice, jede Hilfe, das Leben der Menschen zu vereinfachen. Das Leben ist vielen zu kompliziert und wächst Ihnen über den Kopf. Übrigens einer der wichtigsten Trends in der Zukunftsforschung.

Von nichts kommt nichts – wenn wir nicht reagieren und Einhalt gebieten, sind wir umso mehr für die Folgen selbst verantwortlich!